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faucheur volontaireBei Sensenkursen in Frankreich wird Klaus Kirchner immer wieder auf die Freiwilligen Schnitter angesprochen, die Faucheurs Volontaires:
„Erst einmal dachte ich an so etwas wie die Freiwillige Feuerwehr und einen Mähservice, wie ihn auch die Schnitter von Wien anbieten. Allerdings wird die Stimmung bei dem Thema plötzlich eigenartig unentspannt und intensiv, mein Gesicht wird ganz genau beobachtet und bei den Beobachtern nimmt sich ein verhaltenes Lachen Raum. Als wenn es da magnetische Pole geben würde – und das plötzlich eingeschaltete Magnetfeld im Raum erzwingt es genau die eigene Position festzulegen, zu spüren wo es einen hinzieht – und wo man hingezogen werden möchte.“ Français en bas ∇
Schnitter-Gewand von Christian OsterbauerDiesem spannenden Gefühl in Zusammenhang mit Sense muss Nikkolo Feuermacher natürlich nachgehen und sucht die Faucheurs Volontaires d’OGM* wie sie sich nennen im Internet. Das ist nicht schwer, denn sie verstecken sich nicht. Allerdings schreiben sie auf Französisch, also verschlüsselt. Die Frankreich-Landkarte mit den eingezeichneten Aktionen und die Videoclips sind allerdings so verständlich wie nur irgend etwas. Da sieht man Menschen, die zum Beispiel am 22. November 2017 beim Mais-Kongress in Toulouse sind. Ein ehemaliger Minister der französischen Regierung spricht auf der Generalversammlung der Bauernvereinigung (FSNEA) für die wirtschaftlichen Interessen hinter dem Gen-Mais. Als er gegen Öko-Aktivisten polemisiert, stehen acht von diesen im Auditorium auf, entfalten selbstgeschriebene Transparente, verteilen Flugblätter und werden – teilweise brutal – von der körperlichen Gewalt in Form junger Türsteher hinausgeworfen. Im Saal gibt es Applaus für den Hinauswurf und den Minister.
Warum setzen sich Menschen so ein?

Als 1997 in Österreich ein Volksbegehren zum Verbot von Gentechnik durchgeführt wird, gibt es Frankreich natürlich vergleichbare Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Meinungen und Stimmungen. Volksbegehren sind in Frankreich nicht üblich, dafür hat der zivile Ungehorsam, die „staatsbürgerliche Pflicht zum Widerstand“ eine lange Tradition. Aus diesem Widerstand heraus gründen sich 2003 die Faucheurs Volontaires, die mit der Sense ein Zeichen setzen. Sie mähen Felder mit Gen-Saaten, um die Diskussion über Gen-Saaten und Wirtschafts-Monopole am Laufen zu halten, und um ganz praktisch die Ernte zu vernichten. Das verärgert die kommerziellen Landwirte und bremst den Verkauf von Gen-Saatgut. Und es polarisiert natürlich auch.
Faucheurs Volontaires arbeiten nicht nur mit der Sense, sondern auch mit Blockaden und allen Methoden des gewaltfreien Widerstands.

Sensenkurs im Waldviertel Schnitter 2017

Fotos: Ilse Gerersdorfer 2017

Was das mit Sensen in der Stadt zu tun hat?
Nahrungsmittel, die über Gen-Saaten erzeugt werden (hauptsächlich Fleisch und Soja-Produkte) werden in der Stadt gegessen und in andere Städte exportiert (subventioniertes französisches Gen-Hühnchen-Fleisch zum Beispiel zu Dumpingpreisen nach Afrika). Viele Faucheurs Volontaires kommen und leben in der Stadt und sind dadurch von den Landschaftsbesitzern weniger abhängig.

Anmerkungen:
*OGM (Organismes Génétiquement Modifiés) sind genetisch manipulierte Organismen, wie z.B. Gen-Mais, Gen-Soja usw.
Die in diesem Beitrag verwendeten Fotos zeigen aus rechtlichen Gründen KEINE Faucheurs Volontaires.

En Français:
„Constitué en France en 2003 pour lutter contre la culture et la commercialisation d’OGM, le mouvement des Faucheurs volontaires appelle à la « désobéissance civique » par la réalisation collective et publique de destructions de parcelles cultivées en OGM (« fauchages »)“