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Gespräch mit Patrick Peternel über Wasser im Garten

Foto: Irmgard Kirchner

es fragen Klaus und Irmgard Kirchner

Patrick: Meine Pumpe hat eine eigene Telefonnummer. Ich bin nicht immer vor Ort, wo die Anlage betrieben wird.

Wie steuere ich da die Bewässerung bequem? Der Ablauf wird wesentlich erleichtert wenn ich die Giessanlage elektronisch ansteuere. Meine elektronische Ansteuerung entspricht dem Standard der modernsten Glashäuser. Sie schließt einen Trockenlauf aus und verfügt über einen Sanftanlauf damit kein Sand mitangesaugt wird. Das Freilandfeld auf dem ich Gemüse anbaue ist 250 m von der Pumpe entfernt. Ich kann die Bewässerungsanlage direkt vom Feld aus ansteuern oder bequem vom 22. Bezirk in Wien meine Pumpe anrufen und sagen: Bitte arbeiten!

Klaus: Ich habe gesehen, dass sich auf Deinem Feld durch den Pumpendruck ein Giessystem aufrichtet?

Patrick: Ja, beim Start kann der Eindruck entstehen das sich etwas aufrichtet, weil sich der Druck aufbaut und so der Regner seine volle Wurfweite erreicht. Normalerweise arbeiten die Freilandbewässerungen mit schweren, alten Gestängen, die mühsam herumzutragen sind. Bei mir drehen sich ausbalancierte Sprinkler, die im Kreis auf zwei Seiten sprühen. Es ist die beste Überlappung und die gleichmässigste Bewässerung die ich erreichen kann. Aufbau und Abbau sind wesentlich leichter als mit Metallteilen.

Klaus: Bei meiner Führung hast Du auf einen Nachbarn hingewiesen, der einen langen Gartenschlauch mit Duschkopf auf sein Gelände hielt. Du hast gesagt: „Wenn ich so bewässern müsste, hätte ich keine Lust auf Gemüseanbau.

Foto: Irmgard Kirchner

Patrick: Wenn Du einen Schlauch hast und ziehst den über die bewässerte Erde, dann ist der Schlauch komplett verdreckt. Du kannst schon mit einem Schlauch arbeiten, aber Du brauchst dann Vorrichtungen, die den Schlauch führen. Wenn Du Gemüse anbaust musst Du diese Führungen überlegen: Welches Gemüse gehört zusammen? Wie lege ich das am besten an? Das kann man aber unmöglich alles durch überlegen. Also macht man Fehler und steht dann im Gaatsch – ein Lernprozess – eine Auseinandersetzung mit der Bewässerung.

Klaus: Du hast keine Schläuche mehr?

Patrick: Vom Aufbau her gibt es auf 1.000 qm: drei Wasserstränge im Abstand von 6 m. Auf den Strängen sitzt alle 9 m ein Kreisregner. Das Bewässerungsystem ist dabei so ausgelegt, dass die Überlappungswinkel optimiert sind. Ohne die passende Überlappung wäre trotz der Regner in der Mitte ein trockener Streifen.

Klaus: Giessen ist für Dich kein Thema mehr?

Patrick: Im Endeffekt muss ich immer schaun wie der Wasserzustand ist. Zum Beispiel: Ich bin am Montag da und schaue nach – es ist noch feucht. Wenn es die Woche über regnet passiert nichts. Wenn es aber 4 Tage sonnig ist, werde ich am Abend einmal für eine halbe Stunde giessen lassen und bei der Pumpe anrufen. Grundsätzlich ist das Giessen in einer Gärtnerei ein heikles Thema, an dem Beziehungen bis an den Rande des Nervenzusammenbbruchs belastet werden können. „Frauen giessen zu viel.“ „Männer giessen zu wenig.“ sind die Klischees, die sich durchziehen. Richtig giessen bedeutet für mich: „Eher selten, aber wenn, dann durchdringend.“ Erst richtig austrocknen lassen und dann wieder bewässern.

Ich habe einmal in einer Gärtnerei gearbeitet in der der Gärtner, zu den 70% der Gärtner gehörte, die sehr geizig sind. Er hat so wenig gegossen, dass ich vollkommen beeindruckt war wie die Pflanzen zurecht kommen. Meiner Einschätzung nach hätte ALLES absterben müssen, aber er hat das trotzdem hingekriegt. Wenn man aber so extrem verfährt, gibt es zum Beispiel die Gefahr: dass dem Salat, der bei bewölktem Wetter ausgetrocknet ist – bei plötzlich einsetzender Sonne – bei der dann schnell gegossen wird – die Blätter so aufgerissen werden, dass er von innen her verfault. In dieser Gärtnerei haben wir sehr, sehr viel Salat kompostiert.

Das Ein- und Ausschalten ist bei einer Pumpe mit Telefonnummer leicht, aber ich muss trotzdem hingehen und mir anschaun was vor Ort passiert.

Pflanzen können nur einen bestimmten Saugdruck aufbauen. Hier gäbe es Tensiometer, die die für die Pflanzen verfügbare Wasserspannung und Wassermenge im Boden messen. Ich möchte aber nicht noch weiter ins Technische gehen sondern eher „Low Budget“ und mit wenig Energie-Einsatz arbeiten. Bei der Pumpenansteuerung konnte ich nicht sparen. Wasser brauche ich auch. Der Elektromeister der mir die Pumpe installiert hat, wollte mir auch gleich eine Kamera installieren, aber da hätte ich dann gleich mehr Datenvolumen gebraucht – da habe ich gespart – wozu soll ich das per Kamera überwachen?

Klaus: Wenn Du davon sprichst: „So ist das bei den Gärtnern.“ dann sprichst Du aus Deiner Beratungs-Praxis in der Du viele Gärtnereien besuchst und so einen Überblick über die Menschen und ihre Betriebe hast?

Patrick: Ich bin seit über 20 Jahren im Gartenbau tätig und habe dabei verschiedene Entwicklungsstufen beobachtet. Da begegnen mir Leute von – bis – . Interessanterweise bin ich jetzt in Österreich bei den grössten Betrieben beratend. Was ich aber in meiner eigenen Versuchsanlage ausprobiere, ist das diametral entgegengesetzte Modell. Die grossen Betriebe können super viel produzieren, auch boden-unabhängig, was bei bestimmten Krankheiten eine Erleichterung ist. Aber es sind aktuell wieder Viren unterwegs und es gibt immer Bedrohungen, weil die Natur auch unabhängig vom Boden Probleme machen kann. Bei den riesigen Glashäusern sehe ich wie qualitätsbewusst so ein grosser Gärtner einkauft. Über die Multiplikation der Teile wird es teuer. Das öffnet ein Spannungsfeld, auf das grosse Gärtnereien noch stärker schauen. Weil diese Gärtnereien Supermärkte beliefern, kommen auch ihre Einnahmen über Multiplikation. Sie bekommen nicht viel für das einzelne Produkt. Es gibt Studien (Wolfgang Palme, Ansätze für eine nachhaltige Gemüseproduktion Anfang Dezember auf Ö1) die belegen: um etwa 1870 hat man im Gemüseanbau einen Teil reingegeben und fünf Teile herausgeholt. Etwa 1910 wurde rationalisiert und auf eins zu neun verbessert. Jetzt 2021 – nach der grünen industriellen Revolution (Maschinen, Chemie, grosse Glashäuser, …) – sind wir bei eins zu eins. Gemüseanbau ist ein technisch hochentwickelter Prozess, der sehr anfällig ist. Die grossen Gärtnereien haben eigene Techniker, die ihnen alles reparieren, weil das viel billiger ist als jemanden kommen zu lassen. Das so viel über Technik läuft ist nicht unbedingt schlecht, es ist nur anders: im Endeffekt ermöglicht es günstige Lebensmittel. Wenn das lokal passiert finde ich es noch in Ordnung, wenn allerdings noch Transportwege dazu kommen, geht es aus meiner Sicht in eine falsche Richtung.

Klaus: Wenn die Transporte noch mitgerechnet werden sind wir bei schlechter als eins zu eins?

Patrick: Nein, bei eins rein und eins raus bleibt´s. Die Umweltbelastung und die CO2 Bilanz wird wahrscheinlich noch verschlechtert. Aber mit eins zu eins ist die Resourcen Effizienz schon ziemlich schlecht. Der Transport wird oft nicht richtig mitberechnet. Wenn das Gemüse aus Spanien kommt wird davon gesprochen, dass 1 % des Regalpreises für den Transport steht. Das spiegelt aber nicht wirklich wieder was durch den Transport bewirkt wird.

Irmgard: Was kostet das Wasser?

Patrick: Gärtner haben ein Wasserrecht und können im Augenblick ohne weitere Kosten auf Wasser aus eigenen Brunnen zurückgreifen. Wasser kostet nichts. Aber wenn man sich die Wasseranalyse anschaut ist es schon ein eigenartiges Wasser, das da verwendet wird. Du darfst das Gemüse, das Du essen willst, gar nicht mehr mit dem Brunnenwasser reinigen. Das ist eine Auflage, die wird kontrolliert. Ich kenne eine Gärtnerei die Bio-Topf-Kräuter produziert hat und aufgegeben hat: weil sie einen eigenen Trinkwasser-Anschluss gebraucht hätte um die Kräuter vor dem Verkauf abzuspritzen.

Klaus: Sollen durch die Auflagen die kleineren Betriebe zum Aufgeben gebracht werden, oder ist die Grundwasserqualität gesunken?

Patrick: Grundsätzlich hat die Wasserqualität abgenommen und der Grundwasserpegel sinkt ständig. Wie lange wird das Wasser noch verfügbar sein? Überlegungen in diese Richtung führen zur Permakultur, wo mit Mulchen gearbeitet wird um Wasser zu sparen und Verdunstung zu verringern.

Andererseits ist nicht das Wasser unbedingt schlechter geworden, sondern die Landwirtschaft wird wie die Wirtschaft geregelt. Alles ist festgelegt, alles muss einem Muster – Vorlagen – Rahmenbedingungen für das Wirtschaften – entsprechen. Dadurch wird das Wirtschaften erschwert. Durch die steuerliche Bemessung sind die grossen Anlagen für die Betreiber günstiger, denn zum Beispiel steigt der Sozialversicherungsanteil nicht linear an. Die kleineren kommen früher zum Handkuss weil das System nicht für sie konstruiert ist. Im Rahmen der ländlichen Entwicklung, Stichwort Green Deal, in der EU werden Umweltmassnahmen jetzt stärker berücksichtigt. Aber zwei Drittel der Förderungen erreicht weiterhin nur grosse Unternehmen. Die Herausforderung dabei in unserer Gessellschaft: Alle wollen billige Lebensmittel und sind in einer Hinsicht verwöhnt: Es gibt ständig immer alles. Ich denke da ist Erwachsenbildung notwendig.

Foto: Irmgard Kirchner

Klaus: Wasser und Klimawandel?

Patrick: Bei mir kommt regelmässig jemand vorbei, der den Grundwasserspiegel misst. In den letzten Jahren ist der deutlich abgesunken. Letztes Jahr war sehr feucht und er hat sich etwas erholt. Innerhalb der Landwirtschaft geht man jedoch davon aus, dass Wasser ein Thema wird und wir sparsam damit umgehen werden müssen. Wenn mit Trinkwasser gegossen werden müsste, wird Wasser zum Kostenfaktor. Ich selbst versuche Wasser über Mulchen oder über einen rasch bodendeckenden Bestand zu sparen.

Klaus: In Kärnten und in Murcia habe ich BiogärtnerINNEN unterrichtet, die mit der Sense Mulchmaterial ermähen wollen.

Patrick: Durch die Bedeckung des Bodens wird die Verdunstung gering gehalten. Unter der Bedeckung ist der Boden gar, und auch belebter, weil eine Randzone. Durch den Verrottungsprozess am Boden entsteht zusätzlich CO2, das wieder das Pflanzenwachstum ankurbelt. Es ist seit Jahren Standard, dass in Glashäusern wo auf Substraten mit Nährlösung Gemüse wächst, eine eigene CO2-Gas-Einblasung installiert ist. Die Pflanze braucht in ihrem Lebensprozess CO2 im Wurzelraum und oberhalb. Durch Mulchen hast Du dieses CO2 und gleichzeitig Unkrautunterdrückung – aber eine Schneckenproblematik stellt sich ein. Das Bild: „Ich dünge eine Pflanze“ ist falsch. Richtig ist: „Ich ernähre den Boden (die Bodenorganismen)“.

Irmgard: Was ist mit trocken-resistenten Pflanzen?

Patrick: In den letzten Jahren stellt sich die Frage ob diese Pflanzen in der biologischen Landwirtschaft zugelassen werden. Im konventionellen Bereich werden in Gemüsesorten Gene eingebaut damit die Pflanzen trocken-resistenter werden, auch schädlings-resistenter. In der biologischen Landwirtschaft gibt eine Diskussion mit den Positionen „Das geht auf keinen Fall!“ oder „Das ist ein Faktor, den wir nutzen sollten!Es gährt da gerade.

Irmgard: Du probierst auf Deiner Fläche ständig neue Pflanzen aus. Wie handelst Du?

Patrick: Da ich über Mulchen arbeite und ein Krümelgefüge im Bodens anstrebe, das in der Lage ist Niederschläge besser zu puffern, ist der Aspekt trocken-resistent nicht relevant für mich. Ich suche nach Sorten die auf meinem Boden am besten wachsen. Die eine Sorte Radieschen wird, die andere nicht. Die eine Salatsorte fault ab, die andere nicht.

Irmgard: Wie hoch schätzt Du die Bedeutung von Mulchen?

Patrick: Es ist das um und auf. Ich habe auch eine Permakultur-Ausbildung hinter mir und glaube, dass die Permakulturisten schlau waren. Zum Beispiel: Gurken entwickeln durch CO2-Versorgung Blätter, die um 20 % grösser sind. Grössere Blätter bedeuten mehr Energieaufnahme, besseres Wachstum.

Irmgard: Welches Mulchmaterial bevorzugst Du?

Patrick: Ich weiss noch nicht ob ich in Richtung Heu oder Stroh gehe. Permakulturisten schreien auf, wenn Du Heu zum Mulchen nimmst, denn „Das kann man noch verfüttern!“ Für mich stellt sich aber mehr die Frage: „Wo kriege ich den Ballen her?“ Ich kann auf meiner eigenen Fläche nicht genug Mulchmaterial entwickeln. Also muss ich einen Ballen zukaufen und mit dem mulchen.

Irmgard: In Spanien wurde uns gesagt: „Es ist schwierig Bio-Stroh zu bekommen“.

Patrick: Das ist auch bei uns so. Die Belastung von Stroh ist hoch.

Die Bodenverhältnisse auf meinen 3.000 qm sind irritierenderweise ganz unterschiedlich: ein ganz schwerer Tonboden geht über in einen leichteren. Den schwereren Boden muss ich erst aufbereiten. Schwerere Böden erwärmen sich im Frühjahr viel langsamer. Dafür ist die Bodenfruchtbarkeit endlos – so lange ich kein Ungleichgewicht hinein bringe. Ich muss also aufpassen. Zum Beispiel kann ich nur auf einer Seite Karotten anbauen, weil ich glaube, dass sich die Karotten mit dem schweren Boden schwer tun. Ich werde es herausfinden. Vielleicht geht die Sorte „Pariser Markt“, das ist nur eine kleine Kugel.

Foto: Irmgard Kirchner

Klaus: Hast Du ein langfristiges Ziel?

Patrick: Für mich sind die 3.000 qm ein Experimentierfeld um für meine Beratungstätigkeit zu lernen. Das Gemüse darf aber aus steuerlichen Gründen nicht verkauft werden. Später einmal möchte ich Gemüse direkt vermarkten, an Menschen die den Aufwand bezahlen. Und Menschen in Gruppen von ca. 15 Personen können auf meinem Gelände den Gemüseanbau selbst erlernen. Die weitreichenste Idee ist, dass dann Menschen im Stadtgebiet, auf kleinen Flächen, direkt bei sich in der Nähe, Gemüse produzieren und die Stadt beliefern. Das ist meine Vision.

Klaus: Kleinere Betriebe, die gezielt gutes Gemüse herstellen um die Stadt zu versorgen, könnten bei Dir eine Ausbildung erhalten – Kurse machen?

Patrick: Ja. Früher habe ich viele Vorträge gehalten. Das kann ich. Aber der Zeitaufwand ist überproportional. Wenn das Gemüse auf der Fläche schon angebaut ist, kann ich es viel besser zeigen, erlebbar und erfahrbar machen. Das ist für mich viel freier und weniger mit Stress verbunden. Mein Konzept ist es Menschen zu zeigen: Wie kann ich Gemüse produzieren? Welche Werkzeuge gibt es? Meine Lieblingsvision wäre ein eigener Manga zu „Kung-Fu und Gemüse“, in dem die Figuren immer wieder neue Bewegungen lernen, Erkenntnisse erhalten und Energien nutzen können wenn sie Gemüse essen. Ich glaube, dass durch die Bodenbearbeitung, das Handwerkszeug, den Bodenkontakt – die Verbindung zur Erde besser wird. Wenn die Verbindung zur Erde besser wird kannst Du Dein Kung-Fu verbessern.

Klaus: Handwerkszeug, Verbindung zum Boden, Bewegungen – da fällt mir sofort die Sense ein. Hast Du Sensen in Deinem Betrieb?

Patrick: Ja. Es gibt enge, schwierige, verwinkelte Bereiche, die besser mit einer Sense zu bearbeiten sind. Ich habe keine Sense für Grasschnitt, sondern eine für Strauchschnitt. Die Drehung, die man bei der Sense braucht ist auch für das Kung-Fu wichtig: eine Verbindung zur Spiralkraft, die sich über den Fuss entwickelt, im Körper fortsetzt und dann – Kung-Fu.