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Foto: Béla B. 2022

Nikkolo Feuermacher: Dies ist ein neues Format auf Schnitter.in. Béla B. (mehr über ihn siehe unter dem Beitrag) hat sich nach seinem Sensenkurs zum Sensonauten entwickelt. Er berichtet uns exklusiv aus Guatemala.

Da sich die Post zwischen ihm und uns auf der Erdoberfläche bewegt – da wo auch das Gras wächst – dauert es schon mal bis sein Text bei uns im Briefkasten liegt und wir ihn posten können:

Seit drei Monaten lebe ich mittlerweile in Guatemala. In Europa beginnt langsam der Frühling, die Bäume blühen, die Wiesen spriesen. Auch wenn es dort dem Vernehmen nach recht kalt ist. In Zentralamerika beginnt der sogenannte Winter, die Regenzeit. Es wird auch Zeit für diesen Regen, denn alles ist trocken und staubig.

Aber die Vielfalt an Obst und Gemüse ist groß, irgendwo wird immer was geerntet. Jetzt, im April/Mai ist gerade Mango-Hoch-Zeit. Die Marktstände biegen sich, die Farbparade geht von grün über gelb bis rot, es gibt kleine, große, runde, längliche Früchte. Das ist aber eine andere Geschichte.

Ich wollte eher über Wiesen, über Sensen sinnieren. Keine einfache Aufgabe. Denn Wiesen im mitteleuropäischen Sinne gibt es kaum. Meist sind da nur braune, staubige Flächen auf denen magere Kühe grasen.

Hier im Hochland Guatemalas findet mensch eher mit Gras bewachsene Flächen. Ein kurzes, dichtes Gras vergleichbar mit den Almen der Alpen wächst hier. Die Mehrheit der Flächen wird aber für Gemüseanbau verwendet. Dafür wird gerodet und in die Natur eingegriffen. Monsanto & Co haben hier ihr Heimspiel. Aber das ist auch wieder eine andere Geschichte.

Bleiben wir beim Gras. Oder kommen wir kurz zum Heu: das wird nicht benötigt, ergo entfällt das Mähen. Die Flächen werden anders produktiv verwendet (siehe Stichwort Gemüse) oder liegen einfach brach.

Wenn mir hier etwas fehlt, dann sind das die ausgedehnten Wiesen Mittel und Osteuropas. Die Blumen und Kräuterwiesen meiner Heimat Siebenbürgens. Der sommerliche Klang des Dengelns, der Duft des Frisch geschnittenen Grases. Die Spaziergänge.

Derzeit muss ich mit den seltsamen Almwiesen des zentralamerikanischen Hochlands vorlieb nehmen. Die sind meist noch dazu mit Müll gespickt. Müll und Mittelamerika: das ist auch eine andere Geschichte.

Vor einigen Tagen ist meine Wiesensuche dann doch belohnt worden. Mitten in der Stadt. Eine Moos und Gräserwiese! Grün, sprießend. Paradoxerweise eine vertikal angelegte Grünfläche auf der Nordwand eines Einkaufszentrums (siehe Foto oben)…

Juan, der Besitzer und Gärtner einer kleinen Pension in Antigua de Guatemala hat im Patio seines Gästehauses einen kleinen Garten angelegt. Alles blüht im Schatten des Avocadobaumes. Kolibris und Schmetterlinge kommen vorbei. Ein kleines Paradies. Und ja, es gibt da auch eine kleine Graswiese. Juan pflegt und hegt sie. Ab und zu schickt er sich an die Wiese zu mähen. Mit der Haushaltsschere.

Über mich: Ich bin Béla B., der sein Leben lang Glück gehabt hat und eine Art gesittetes, geplantes Nomadenleben führt. Von Siebenbürgen ins bürgerliche Österreich, von dort ins östliche Afrika, von dort wieder nach Österreich und nun mit seiner Frau in Zentralamerika. Béla B., der es geschafft hat auch mit Hilfe seiner Lebensbegleiter mehr oder weniger das zu tun was ihm lieb ist und nicht mehr das was die Anderen von ihm erwarten. Einer der vielleicht manchmal dankbarer sein sollte, der aber sehr wohl sein Glück zu schätzen weiß.