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Patio in Guatemala. Foto: Béla B. 2022

Über kleine Freuden und auch Enttäuschungen von Béla B.

Sieben Monate sind seit meiner Ankunft in Guatemala vergangen.

Ich durfte viel Reisen: zum tropischen Regenwald, vom Pazifikstrand zum Atlantik; und weiter bis in die Hochebenen des Cuchumatan-Gebirgszugs auf über 3000 Meter Höhe im Westen des Landes. Reisen hier bedeutet: hinaufzufahren (mit dem Auto) um gleich ins nächste Tal wieder abzutauchen. Ein ständiges auf und ab. Unaufhörlich. Aber nicht nur mit dem Auto geht es so, auch zu Fuß. Von acht Vulkanen habe ich bisher schon heruntergeschaut, und die Aussicht auf die meisten anderen Vulkane des Feuerrings genossen.

Die Regenzeit hat über den Müll buchstäblich Gras wachsen lassen, hier in Guatemala. Alles ist grün, üppige Farben überall, mir bekannte und unbekannte Vögel fliegen und singen herum. Im Dschungel des Rio Dulce, unweit der karibischen Küste, liege ich in der Nacht wach und lausche dem Regen, der auf das Dach meiner Hütte unter den Bäumen prasselt. Untertags bewundern wir Leguane, riesige grüne Kröten, winzige Kolibris, handtellergroße Schmetterlinge (die himmelblauen Morpho Peleides sind meine Lieblinge). Wir paddeln zu heissen Flußquellen und kristallklaren Wasserfällen. Es ist paradiesisch. Immer wieder drängt jedoch das Geräusch von Motorsägen und riesigen stürzenden Bäumen ins Paradies. Das macht traurig. Nein, macht wütend.

Unser Guide Luis führt uns stundenlang durch seinen Regenwald und erzählt uns von seinen Bemühungen diesen zu halten und zu vergrößern. Das mach Hoffnung. Ein wenig.

Aber jetzt zu den Wiesen: die sprießen trotz Regenzeit nicht. Sie sind üppig, das Gras wächst, aber sie kommen nicht hoch. Auf den Wiesen quer durch das Land freuen sich große Herden von Rindern über die gehaltvolle Nahrung.

Ich fahre also viel im Auto herum und muss dabei die Straße ständig im Auge behalten: riesige Löcher tauchen unvermittelt auf und machen die Fahrt unangenehm gefährlich. Aus dem Augenwinkel beobachte ich die alles überragende grüne Farbe. Und ich suche immer noch nach jemanden mit einer Sense in der Hand. Auch wenn ich mittlerweile weiß, dass die Chance sehr gering ist.

Dann sitze ich eines Abends im Patio des Hauses von Freunden in der Hauptstadt Guatemala City und mir fällt die ca. 3 mal10 Meter große „Wiese“ dieses Innenhöfchens (Patio) ins Auge. Das Gras wuchert, Kräuter wachsen unkontrolliert neben der Mauer. Ich beschließe der „Wiese“ eine Mahd zu verpassen.

Gesagt, getan: am nächsten Tag, früh, gleich nach dem Morgenkaffee, mache ich mich ans Werk. Viel Zeit habe ich nicht, die Reise geht weiter. Meine Suche nach Werkzeug befördert zwei alte Gartenscheren zu Tage. Sie schneiden nicht. Ich versuche sie einsatzfähig zu machen. Und scheitere.

Da fällt mein Blick auf einen Schnürlmäher in einer Ecke. Ich hasse die Dinger. Sommererinnerungen an Ungarn holen mich ein: ein tägliches, mehrtöniges Konzert dieser ohrenbetäubenden Geräte begleitete mich durch die Sommerurlaube in der pannonischen Tiefebene. Das Schnittgut wurde dort dann auch noch in schwarze Plastiksäcke gepackt und von der Müllabfuhr abgeholt. Ich verstand die Welt nicht.

Aber zurück zu meinem aktuellen Dilemma: Soll ich aufgeben? Oder den Schnürlmäher verwenden? Ich gestehe: ich habe es getan. Nach dem Gemetzel (anders kann man das nicht nennen) war meine Hose grün, die Rasenfläche bereit wieder zu wachsen. Mit einem fahlen Geschmack im Mund mache ich mich an die Weiterreise.

In der Zwischenzeit habe ich eine einheimische Mähtechnik beobachtet! Gerade bin auf der Suche nach einem Lehrer, der mich in die Künste des Grasschneidens mit der Machete einführt.

Das Gras im Patio wuchert inzwischen auch wieder! Es gibt also Hoffnung!

Patio nach dem Besuch von Béla B. Foto: Béla B. 2022